Überlieferungen über das Interpretieren des
Qurans nach eigener Meinung
- von Allamah Tabataba’i
Der Prophet
sagte:
„Wer den Quran nach seiner
eigenen Meinung interpretiert, soll
sich seinen Platz im Feuer
einnehmen.“ (as-Safi)
Der Autor: Diese Sache wurde von
beiden Sunniten und Schiiten
erzählt. Und es gibt viele andere
Überlieferungen mit gleichem Bezug,
die vom Propheten und von den Imamen
der Ahlul-Bait (a) erzählt wurden.
In
Munyatu 'l-murid wird
geschildert, dass der Prophet sagte:
„Wer über den Quran ohne
Wissen spricht, soll sich seinen
Platz im Feuer einnehmen.“
Der Autor: Es wurde auch von Abu
Dawud in seinem
as-Sunan geschildert.
Der Prophet sagte:
„Wer über den
Quran ohne Wissen spricht, wird am
Tage der Wiederauferstehung mit
einem Zügel aus Feuer umgeben sein (Munyatu 'l-murid).“ Das gleiche Buch schildert, dass der Prophet
sagte: „Wer über den Quran aus
eigener Meinung spricht, auch wenn
er Recht hat, begeht einen Fehler.“
Der Autor: Diese Überlieferung
wurde auch von Abu Dawud,
at-Tirmidhi und an-Nisa'i erzählt.
Der Prophet sagte: „Was ich am
meisten befürchte bezüglich meiner Umma (Nation) nach mir, ist jener
Mensch, der den Quran nimmt und es
an falscher Stelle legt (d.h. ihm
falsche Interpretationen gibt) (al-Munyatu
'l-murid).“
Abu Basir sagte, dass Abu 'Abdillah
(a) sagte: „Wer den Quran nach
eigener Meinung interpretiert, wird
nicht belohnt, wenn er richtig
interpretiert und wenn er falsch
interpretiert, dann wird er weit weg
vom Himmel sein (at-Tafsir,
al-Ayyashi).“ Das gleiche Buch
zitiert Ya'qub ibn Yazid, der von
Yasir erzählt, dass ar-Ridha (a)
sagte: „Meinung im Buch von Allah
ist Untreue.“
Der Autor: Dieses Thema wird
auch in anderen Überlieferungen in
'Uyunu 'l-akhbar, al-Khisal und
at-Tafsir von al-Ayyashi unter
anderem behandelt.
Die Worte des Propheten: „Wer den
Quran nach eigener Meinung
interpretiert“: Ar-Ra’i (Meinung)
bedeutet die nach eingehender
Untersuchung erlangte Überzeugung.
Wird auch für die auf eigene Wünsche
und Neigungen basierende Meinung
verwendet. Der Prophet benutzte den
Ausdruck „seine Meinung“, der zeigt,
dass die Interpretation eines
einzelnen Verses, ohne andere
einschlägige Verse zu
berücksichtigen verdammt ist und
verbietet nicht, sich zu bemühen und
sein Bestes zu geben, um die
Bedeutung des Qurans zu verstehen,
noch sagt er aus, dass man sich nur
auf die Überlieferungen des
Propheten (s) und der Ahlul-Bait (a)
in Bezug auf die Auslegung der Verse
(wie viele Überlieferer denken)
einschränken soll. Dies würde vielen
Verse widersprechen, die zeigen, dass
der Quran in klarem Arabisch die
Menschen auffordert, darüber
nachzudenken; auch wäre das gegen
viele Überlieferungen, die besagen,
zum Quran zurückzukehren, um die
Überlieferungen mithilfe des Qurans
zu beurteilen.
Die Worte „nach eigener Meinung“
beziehen sich auf die Erklärung des
Qurans nach eigenen persönlichen
Ansichten, ohne andere Quranerklärungen zu berücksichtigen.
Dies ist der Fall, wenn der Exeget
nur die Instrumente der Arabischen
Sprache und Literatur zur
gegenseitigen Verständigung in
Betracht zieht. Wenn wir einer Rede
von jemanden zuhören, beachten wir
sofort die Regeln der Sprache, damit
wir verstehen, was der Sprecher
meint, und so entscheiden wir über
die Bedeutung; wir benutzen diese
Methode überall, sogar in
rechtlichen Angelegenheiten wie bei
Zeugenaussagen und Zugeständnissen.
Wir benutzen diese Methode, weil die
menschliche Sprache auf Grammatik
und Rhetorik beruht.
Die Ausdrucksweise des Qurans jedoch
basiert nicht auf diese Grundlage,
wie wir bereits erläutert haben. Der
ganze Quran ist eine Sprache, dessen
Sätze und Verse alle zueinander in
Beziehung stehen, und zur gleichen
Zeit sind sie von einander getrennt;
ein Teil spricht mit und führt zu
den anderen, wie Ali (a) sagte:
„Offenbar reicht es nicht aus, einen
einzelnen Vers anzuschauen und im
Hinblick auf Sprache und Literatur
über seine Bedeutung zu entscheiden,
sofern man nicht über alle
relevanten Verse nachdenkt und sich
höchst bemüht, aus all diesen Versen
zusammen herauszufinden, was dieser
bestimmte Vers bedeutet.“ Der Vers
4:82 weist auf diese Tatsache hin,
wie wir zum Thema “Kürze” dargelegt
haben: „Und denken sie denn nicht
über den Quran nach? Und wenn er von
einem anderen als Allah wäre, hätten
sie viele Unstimmigkeiten darin
gefunden.“
Somit ist die Auslegung des Qurans
nach eigener Meinung verboten. Und
dieses Verbot bezieht sich auf die
Art und Weise der Exegese und nicht
auf die Exegese selbst. Mit anderen
Worten, der Prophet hat es den
Menschen untersagt, die göttlichen
Worte mit den gleichen Methoden zu
verstehen, die zum Verstehen der
menschlichen Sprache angewandt
werden, dabei spielt es keine Rolle,
ob man damit seine wahre Bedeutung
herausfindet oder nicht. Aus diesem
Grund sagte er (s) in einer anderen
Überlieferung: „Wer über den
Quran
aus eigener Meinung spricht, (selbst
wenn) er Recht hat, begeht einen
Fehler.“ Diese Aussage beweist
eindeutig, dass der Fehler in der
Auswahl der Methode liegt; es tut
nichts zur Sache, ob diese Methode
einen zum richtigen Ziel bringt oder
nicht. Das Gleiche beinhaltet die
Erklärung der Worte, die in der
Al-Ayyashi Überlieferung erzählt
wird: „Wenn er zur richtigen
Interpretation gelangt, so wird er
nicht belohnt.“
Diese Ansicht wird auch durch die
tatsächlichen Umstände zu Lebzeiten
des Propheten bestätigt. Die
Offenbarung des Qurans war noch
nicht vervollständigt; und was
offenbart war, war noch nicht
geordnet; nicht alle Muslime hatten
alle offenbarten Verse zwischen
ihren Händen – viele von ihnen
hatten nur einige Kapitel und Verse
bei sich. Wäre es ihnen erlaubt
gewesen jedes Stück und jeden Vers
separat, ohne dieses Stück oder
diesen Vers mit anderen
einschlägigen Versen zu erklären,
hätten sie mit Sicherheit Fehler
begangen.
Was aus dem oben Erwähnten klar wird
ist, dass es dem Exegeten untersagt
war, einen Vers des Qurans
eigenständig, basierend auf sein
eigenes Wissen und seine eigene
Meinung, zu interpretieren, ohne
eine andere Autorität hinzu zu
ziehen. Mit anderen Worten, es ist
notwendig, wenn man einen Quranvers
interpretieren möchte, die Hilfe von
anderen in Anspruch zu nehmen, indem
man ihnen die Angelegenheit zuweist.
Wer ist diese andere Autorität? Es
könnten nur entweder andere quranische Verse sein oder
Überlieferungen. Die zweite
Alternative kommt nicht in Frage,
weil der Prophet den Muslimen
angewiesen hat, die Überlieferungen
mit dem Quran zu vergleichen; es
kann nicht umgekehrt gemacht werden.
Die Bedeutung der Überlieferungen
und sogar ihre Authenzität wird
durch den Quran geprüft; wie kann
eine Überlieferung über die
Bedeutung des Qurans entscheiden?
Und so bleibt nur eine gültige und
anerkannte Methode, die Verse des
Qurans zu erklären, und diese ist
mithilfe der anderen einschlägigen
Verse.
Das sollte bis jetzt reichen, um die
Bedeutungslosigkeit der unzähligen
Interpretationen, die über das
„Interpretieren des Qurans nach
eigener Meinung“ geschrieben wurden,
zu zeigen. Die Gelehrten haben diese
Vorgehensweise auf zehn
verschiedenen Weisen dargestellt:
Erstens: Es bedeutet, den Quran
zu interpretieren ohne Kenntnis in
jenen Fachbereichen zu haben, die
essentiell für die Interpretation
sind. Und as-Suyuti sagte in
al-itqan, dass es insgesamt
fünfzehn
gibt: Sprache, Syntax, Konjugation,
Etymologie, Literaturtypen,
Rhetorik, Diktion, Rezitation des
Qurans, Wurzeln der Religion,
Fundamente der Jurisprudenz,
Hintergrund und Anlässe der
Offenbarungen (als auch die im Quran
erwähnten Geschichten), ersetzende
und ersetzte Verse, Gesetz der
Shari'ah, Überlieferungen, die
die allgemeinen und unspezifischen
Verse erläutern, und Wissensgabe.
Dieser letzte Satz bezieht sich auf
eine Überlieferung des Propheten:
„Wer nach seinem Wissen handelt, dem
gibt Allah Wissen über das, was er
nicht weiß.“
Zweitens: Bezieht sich auf die
Versuche, eine Interpretation für
mehrdeutige Verse zu finden, deren
sichere Bedeutung keiner weiß außer
Allah.
Drittens: Es ist die
Interpretation des Qurans, die einen
falschen Glauben oder eine falsche
Handlung fördert. Dies geschieht,
wenn ein Exeget seine eigene Ansicht
oder Überzeugung zum Fundament
macht, auf dem er seine weitere
Exegese des Qurans aufbaut; er passt
den Vers soweit wie möglich seiner
eigenen Überzeugung an – ganz egal
wie schwach oder weit hergeholt das
sein könnte.
Viertens:
Es
ist die Auslegung ohne jeglichen
Beweis, dass eine bestimmte
Auslegung den von Allah tatsächlich
beabsichtigten Inhalt wiedergibt.
Fünftens:
Es bezieht sich darauf, den Quran
nach seinen eigenen Neigungen und
Wünschen zu interpretieren.
Diese fünf Darstellungen der
erwähnten Vorgehensweise wurden von
Ibnu 'n-Naqib überliefert,
rezitierte as as-Suyuti in
al-itqan. Es gibt fünf weitere
Darstellungen, die wir hier aus
anderen Büchern aufstellen.
Sechstens: Die Auslegung der
schwierigen Passagen im Quran auf
eine neue Weise, die zuvor nicht von
den Gefährten und Gelehrten benutzt
wurde – weil so eine Interpretation
den Exegeten anfällig für das
Missfallen Allahs machen würde.
Siebtens: Die Überlieferung
interpretiert den Quran auf eine
bestimmte Weise, wobei der Sprecher
weiß, dass das nicht die wahre
Interpretation ist.
Diese letzten zwei wurden von Ibnu 'l-Anbari erwähnt.
Achtens:
Die Überlieferung verbietet das
Sprechen über den Quran ohne Wissen
und ohne sicherzugehen – unabhängig
davon, ob der Sprecher weiß oder
nicht weiß, dass eine andere
Interpretation wahr ist.
Neuntens: Verbot des
Sichverlassens auf die scheinbare
Bedeutung des Qurans. Es ist die
Interpretation jener, die denken,
dass die scheinbare Bedeutung des
Qurans keine gültige Autorität ist;
um einen Vers zu verstehen, muss man
sich eine klare Überlieferung
anschauen, die von einer unfehlbaren
Autorität erzählt wurde (z.B. der
Prophet, seine Tochter und die zwölf
Imame, Friede sei mit ihnen allen).
Aber tatsächlich soll es keine
Exegese des Qurans sein, sondern
vielmehr das Folgen der
Überlieferung. Wie auch immer,
dieser Gruppe zufolge, hängt die
Exegese des Qurans von der
Interpretation einer unfehlbaren
Autorität ab.
Zehntens: Es gab einige
Menschen, die dachten, dass der
Quran gültige scheinbare Bedeutungen
hatte, die jedoch sagten, dass
gewöhnliche Menschen diese nicht
verstehen könnten. Diese Ansicht,
die auch die scheinbare Bedeutung
des Quran berücksichtigt, wird nach
dieser Überlieferung ebenfalls
untersagt. Man muss auf klare
Überlieferungen von unfehlbaren
Autoritäten zurückgehen, um den
Quran zu interpretieren.
Dies sind zehn Darstellungen der
erwähnten Überlieferungen – auch
wenn einige mit anderen tatsächlich
identisch zu sein scheinen. Wie dem
auch sei, keiner dieser
Überlieferungen wird durch einen
Beweis gestützt. Zudem sind manche
offensichtlich falsch, oder ihre
Ungenauigkeit kann mithilfe dessen
verstanden werden, was wir schon
zuvor erwähnt haben und braucht hier
nicht noch mal wiederholt werden.
Es gibt viele Verse, die die zuvor
erwähnten Überlieferungen stützen:
Denken sie nicht nach über den
Quran? Und wenn er von jemand
anderem als Allah wäre, hätten sie
darin viele Unstimmigkeiten gefunden
(4:82).
Jene die den Quran in Fetzen gemacht
haben (15:91).
Sicherlich jene, die Unsere Zeichen
entstellen, sind nicht vor Uns
verborgen.
Was!
Ist der, der ins Feuer geworfen wird
besser oder der, der sicher kommt am
Tag derWiederauferstehung? Mache was
du willst, sicherlich, Er sieht, was
du tust
(41:40).
....(es
gibt jene, die )
die Worte aus ihren Stellen
verändern...(4:46).
Und verfolge nicht das, von dem du
kein Wissen hast
(17:36).
Solche Verse in Verbindung mit den
oben erwähnten Überlieferungen
machen es deutlich, dass das Verbot,
das in diesen Überlieferungen
enthalten ist, sich auf die benutzte
Methode in der Exegese bezieht; sie
zeigen, dass man bei der Ausdeutung
der Göttlichen Rede nicht die
gleichen Mittel wie bei der
Ausdeutung menschlicher Rede
benutzen darf.
Was ist der Unterschied zwischen der
Göttlichen und der menschlichen
Sprache? Es ist nicht der Gebrauch
der Wörter oder der Satzbau oder der
Sprachstil. Der Quran ist in
deutlichem Arabisch und alle Normen
der Rhetorik sind darin zu finden.
Allah selbst sagte:
Und
Wir sandten jeden Propheten nur mit
der Sprache seines Volkes, so dass
er ihnen deutlich erklären kann
(14:4);
...und diese ist deutliche Arabische
Sprache (16:103);
Sicherlich Wir machten ihn einen
Arabischen Quran, so dass du
verstehen kannst (43:3). Der
Unterschied zwischen den beiden
besteht in der Bedeutung und ihrer
Anwendung. Diese Aussage bedarf
einer ausführlicheren Darstellung:
Wir sind zu Hause in dieser
materiellen Welt und sind umgeben
von ihren natürlichen Phänomenen.
Demzufolge, wenn wir ein Wort hören,
achtet unser Gehirn erst auf die
äußerliche Konnotation und
Anwendung. Wenn einer unserer
Mitmenschen uns eine Sache oder eine
Angelegenheit beschreibt, fassen wir
diese Worte so auf, wie wir sie in
unserer materiellen Welt gewohnt
sind; weil wir wissen, dass der
Sprecher auch den gleichen Gesetzen
unterworfen ist wie wir, und dass
seine Auffassung und Wahrnehmung
nicht anders als unsere ist. Auf
diese Weise beeinflusst die
Auffassung eines Wortes die
Bedeutung -
sie
kann eine allgemeine Bedeutung
spezifizieren oder umgekehrt; die
Umstände können die Konnotation
eines Wortes auf viele Weisen
manipulieren. Und dies nennen wir
den rationalen Kontext, im Gegensatz
dazu stehen die textlichen
Anhaltspunkte.
Wenn wir z. B. einen mächtigen und
wohlhabenden Mann sagen hören,
“Und es gibt kein Ding, dessen
Schatzkammern wir nicht besitzen”,
wir werden zuerst auf die
literarische Bedeutung dieses Satzes
schauen, und dann kommt die Stufe
der Auffassung. An dieser Stelle,
werden wir uns vorstellen, dass er
viele solide und gut beschützte
Gebäude hat, die viele
unterschiedliche Container
beinhalten, in denen seine Schätze
aufbewahrt werden, die aus großen
Mengen an Gold, Silber,
Währungsnoten, Anleihpapiere,
Juwelen, verschiedene
Gebrauchsgüter, Schmuckartikel,
Waffen und Munition etc. bestehen.
Wir haben dieses Bild im Kopf, weil
wir unter Schätze das verstehen und
so werden sie sicher aufbewahrt. Wir
werden uns nie vorstellen, dass er
in seinen Schätzen die Erde und die
Himmel, die Kontinente und die
Ozeane, die Sonne und der Mond, die
Tiere und die Menschen hat. Diese
sind auch “Dinge”, aber sie werden
nicht besessen, gesammelt und in
eine Schatztruhe gesteckt.
Aufgrund dieses rationalen Kontexts
beschränken wir die Allgemeinheit
des Wortes “Ding” und verwenden es
nur für einige auserwählte Elemente;
und in diesen Elementen ist auch
eine kleine Quantität in strengen,
unbezwingbaren Gebäuden aufbewahrt,
um es vor Diebstahl und anderen
Schäden zu schützen. Und dieses unser Wissen hat die allgemeine Bedeutung der Wörter “Ding”
und “Schätze” beschränkt.
Aber jetzt hören wir Allah seinem
Propheten (s) offenbaren: „Und es
gibt kein Ding, dessen Schatzkammern
wir nicht besitzen”(15:21). Wenn
unser Gehirn nicht entwickelt ist
und sich auf der untersten Stufe der
Auffassungsgabe befindet, werden wir
diesen Vers auf die exakt gleiche
Weise verstehen. Natürlich haben wir
keinerlei Beweise, um zu behaupten,
dass der Vers im gleichen Sinn
benutzt wurde, dennoch werden wir
zunächst schnell zu dieser
Ausdeutung kommen, weil unser Gehirn
daran gewöhnt ist. Und dies bedeutet, den
Quran, ohne Wissen, nach unserer
eigenen Meinung zu interpretieren.
Jetzt gehen wir davon aus, dass
unser Verstand etwas entwickelter
ist, und wir wissen, dass Allah
nicht Dinge sammelt, um sie in
Seiner Schatzkammer aufzubewahren.
Wir denken über diesen Vers nach und
gehen über zum nächsten Satz:
„und Wir senden es nur in einem
bekannten Maß hinab“; und dann vergleichen wir diesen Satz mit einem anderen Vers: …und
was Allah vom Himmel an Gabe
hinabsendet und damit die Erde
wieder belebt nach ihrem Tod…sind
Zeichen für Menschen, die verstehen
(45:5). Wir werden sofort
verstehen, dass das Wort “Ding” im
betreffenden Vers sich auf die Gabe
wie Brot und Wasser bezieht, und
dass „hinabsendet“ im nächsten Satz
sich auf Herunterkommen von Regen
bezieht. Wir werden es so ausdeuten,
weil wir außer Regen nichts kennen,
das vom Himmel herunterkommt, und
deshalb werden wir sagen, dass die
Ablagerung von allen Dingen in den
Händen Allahs ist und dann das
Herunterkommen in bemessener
Quantität, bezieht sich auf die
Ablagerung von Regen und sein
Herunterkommen auf die Erde, um
Getreide für die Nahrung zu
produzieren. Dies bedeutet ebenfalls
den Quran nach eigener Meinung zu
interpretieren, „ohne Wissen.“ Was ist unser Argument? Es ist
das, dass wir über nichts wissen,
außer dem Regen, der vom Himmel
niederkommt. Aber „nicht zu wissen“,
dass ein bestimmtes Ding existiert
unterscheidet sich beträchtlich
davon „zu wissen“, dass es nicht
existiert.
Wenn unser Wissen fortgeschrittener
und unser Verstand entwickelter ist,
sollten wir versuchen, nichts
bezüglich des Qurans ohne Wissen zu
sagen. Wir sollten sagen, dass die
Worte des Verses allgemein sind, und
nicht in irgendeiner Weise
beschränkt werden dürfen. „Ding“
schließt alles ein, und das Wort
“Schätze” deckt jedes einzelne
Element von allem. Wir kommen zu der
Schlussfolgerung, dass der Satz die
Verhältnisse der Schöpfung und der
Geschöpfe beschreibt. Dann kommt der verwirrende Satz:
„und Wir senden es nur
in einem bekannten Maß herab.“
Zweifellos kommen Menschen, Tiere
und Pflanzen nicht vom Himmel herab;
sie wachsen aus oder werden geboren
auf der Erde.
Mit diesem Problem konfrontiert,
sagen wir dass der erste Satz “Und
da gibt es kein Ding, dessen Schätze
nicht mit uns sind”, auf eine
metaphorische Art und Weise sagt,
dass alles, was existiert, Gottes
Willen unterworfen ist, dass der
göttliche Wille wie ein Schatz ist,
der jedes Geschöpf hält, und nur
soviel herausgegeben wird, wie es
von Allah gewollt ist. Jedoch basiert diese Interpretation ebenfalls wie die vorherige auf
“Unwissen.“ Wir “wissen nicht”, dass
Dinge herabsteigen (in dem Sinne,
wie wir es verstehen) von Allah und
deshalb erläutern wir den Satz auf
eine sinnbildliche Weise.
Wenn wir einen Blick auf die
göttlichen Namen, Attribute und
Handlungen, die im Quran beschrieben
werden, werfen oder auf die
quranischen Beschreibungen der
Engel, der Göttlichen Bücher, der
Apostel und der Tag der
Wiederauferstehung und dessen
Details, oder auf die Gesetze der
Scharia und ihrer Bedeutung, wie sie
im Quran gegeben wird, und dann
darüber nachdenken, so wie es
Menschen aus rein rationaler
Perspektive betrachten, werden wir
feststellen, dass all diese
Versuche, den Quran zu
interpretieren, nach eigenem
Gutdünken ohne Wissen vonstatten
gehen, und dass man diese besser
Missinterpretation nennen sollte.
Wir haben unter der fünften
Überschrift (warum das Buch
mehrdeutige Verse beinhaltet) im
Rahmen der bestimmenden und der
mehrdeutigen Verse gezeigt, dass die
quranischen Äußerungen gegenüber der
göttlichen Tatsachen wie ein
Sprichwort hinsichtlich ihrer Bedeutung
sind. Diese Tatsachen wurden in
verschiedenen Äußerungen und
diversen Wortlauten dargestellt, so
dass alle zusammen den Leser zu
ihrer wahren Bedeutung führen
können. Aus diesem Grund sagt man
auch, dass die Verse sich
gegenseitig bezeugen und auf diese
Weise sich gegenseitig erklären.
Andernfalls könnten die göttlichen
Tatsachen nie richtig erklärt werden
und Menschen würden ihren Kopf in
die Schlinge der Quranauslegung
stecken, ohne Wissen darüber.
Die obige Thematik zeigt uns, dass
Quranauslegung nach eigener Meinung
immer damit einhergeht, darüber ohne
Wissen zu sprechen. Die
Überlieferung des Propheten weist
auf diese Tatsache hin: „Wer auch
immer über den Quran ohne Wissen
spricht, soll sich auf seinen Sitz
aus Feuer niederlassen.“
Genau solche Interpretationen führen
zum Trugschluss, dass die Verse des
Qurans einander widersprächen. Die
Auslegung der Verse nach eigener
Meinung, ohne wahres Wissen, stört
den semantischen Fluss des Qurans.
Auf diese Weise werden die Verse
falsch interpretiert, die Worte aus
ihrem richtigen Platz verschoben und
in falschem Zusammenhang gebraucht.
Demnach kommen die Exegeten nicht
drum herum, einige oder die meisten
dieser Verse auf eine Weise
auszulegen, die ihrer scheinbaren
Bedeutung widerspricht; göttlichen
Worten werden Bedeutungen
zugewiesen, von denen Sprachforscher
nie was gehört haben. So finden wir
eine Gruppe, die vom freien Willen
und der Wahl des Menschen sprechen
und eine andere, die die Verse
missinterpretieren und von
göttlicher Bestimmung und
Intervention sprechen. Den meisten
muslimischen Gruppierungen sind
diese Fehlinterpretationen
unterlaufen, insbesondere da, wo die
scheinbare Bedeutung der Verse nicht
mit ihren Überzeugungen einhergehen.
Sie suchen einen Ausweg, indem sie
solche Verse mit Bedeutungen ihrer
Wahl verkleiden, und ihre
sogenannten Argumente laufen dann
auf diesen Satz hinaus. Die
scheinbare Bedeutung dieses Verses
widerspricht dem, was bereits durch
rationale Beweise begründet wurde;
deshalb muss dem Vers eine neue
Bedeutung gegeben werden, entgegen
der scheinbaren.
Diese Vorgehensweise erzeugt
Verwirrung. Die logische Folge der
Verse ist unterbrochen, ihr
semantischer Fluss ist gestört und
sie scheinen einander zu
widersprechen. Folglich verlieren
sie an Aussagekraft.
Es ist bekannt, dass es keine
Unstimmigkeiten im Quran gibt. Wenn
eine bestimmte Auslegung zeigt, dass
zwei Verse im Widerspruch zu
einander stehen, dann liegt es
zweifelsohne an der
Fehlinterpretation.
Dies wurde in vielen Überlieferungen
damit beschrieben, dass man den
einen Teil des Quran mit dem anderen
„schlägt.“ Hierzu dient folgende
Überlieferung als Beispiel:
Im Buch
al-Kafi und
at-Tafsir von al-'Ayyashi von
as-Sadiq von seinem Vater (a) dass
er sagte: „Wenn jemand einen Teil
des Quran mit dem anderen schlägt,
wird er zum Ungläubigen.“
Ma'ani 'l-akhbar,
al-Mahasin (über ihre
Überliefererkette) und
at-Tafsir von al-'Ayyashi:
as-Sadiq (a) sagte: „Wenn jemand
einen Teil des Quran mit dem anderen
schlägt, wird er zum Ungläubigen.“
As-Saduq sagte, dass er Ibnu
'l-Walid fragte, was diese
Überlieferung bedeutete. Er
antwortete: „Sie gibt Antwort jenem,
der die Exegese eines Verses der
Exegese eines anderen
entgegenstellt.“
Der Autor sagt:
Diese Antwort von Ibnu 'l-Walid ist
etwas vage. Wenn er mit dieser
Äußerung auf die oben erwähnte
Mischung hindeutet – so wie die
Polemiker argumentieren, indem sie
einen Vers „gegen“ den anderen
stellen, haftierend an dem einen und
über den anderen hinwegsehend – dann
ist es korrekt. Aber wenn er damit
meint, es zu verbieten, einen Vers
mithilfe des anderen auszulegen, und
den einen als Beweis für den anderen
zu gebrauchen, dann ist es falsch,
so wie es den folgenden zwei
Überlieferungen entnommen werden
kann:
Im
at-Tafsir von al-Nu'mani über
die Überlieferungskette bis Isma'il
ibn Jabir heißt es: „Ich hörte Abu
'Abdillah Ja'far ibn Muhammad
as-Sadiq (a) sagen: ‚Wahrlich, Allah
– der Gütige und Erhabene – sandte
Mohammed und beendete mit ihm (die
Kette der) Propheten; folglich gibt
es keinen Propheten nach ihm. Und er
sandte ihm ein Buch herab, und
beendete damit die (Kette der)
Bücher; und folglich gibt es kein
(göttliches) Buch danach. Er
erlaubte darin die rechtmäßigen
Dinge und verbot darin die
unrechtmäßigen; und so ist dessen
Rechtmäßiges rechtmäßig bis zum Tage
der Wiederauferstehung und dessen
Unrechtmäßiges unrechtmäßig bis zum
Tage der Wiederauferstehung. Darin
ist eure Shariah und Wissen über die
vergangenen Menschen vor euch und
über die, die noch nach euch folgen,
und der Prophet (s) bestimmte es als
ein Standard, das für immer in
seinen Nachfolgern erhalten bleiben
wird. Aber die Menschen verließen
jene Nachfolger, obwohl sie Zeugen
über die Menschen eines jeden
Zeitalters sind. Doch die Menschen
wichen von ihnen ab, töteten sie und
folgten anderen und leisteten diesen
durch und durch Gehorsam. Das setzte
sich so fort, bis sie die
Feindschaft auch auf andere
ausweiteten, die diesen von Gott
ermächtigten Auserwählten Liebe
entgegenbrachten und nach deren
Wissen strebten. Allah sagte: und
sie vergaßen ein Schicksal, über den
sie erinnert wurden, und du wirst
weiterhin einen Verrat von ihnen
sehen (5:13). Und weil sie einen
Teil des Qurans einem anderen
entgegenstellten und mit
aufgehobenen Versen argumentierten,
weil sie dachten, dass das
aufhebende Verse seien; sie
debattierten mit Hilfe von
doppeldeutigem Denken und dachten
dabei, dass sie zu einem Entschluss
kommen; und unterbreiteten einen
speziellen Vers für ihre Argumente,
und hielten es für allgemein; und
bohrten sich am Anfang eines Verses
fest und missachteten dabei den
Anlass seiner Interpretation; und
sie beachteten nicht den Anfang und
das Ende einer Rede; und sie wussten
nicht über das Zustandekommen und
den Ansatz eines Verses, weil sie es
nicht von seinen Leuten nahmen;
folglich kamen sie vom rechten Weg
ab und nahmen andere mit.
Und wisse, möge Gott sich deiner
erbarmen! Wer nicht im Buch Gottes
unterscheiden kann zwischen
aufhebenden Vers und dem
aufgehobenen, einen speziellen und
allgemeinen, einen bestimmenden und
einen mehrdeutigen; und
differenziert nicht zwischen
Erlaubnis und Pflicht, und erkennt
nicht einen Vers aus der
mekkanischen Periode und aus der
medinensischen Periode, und kennt
nicht den Anlass der Offenbarung,
und versteht nicht die schwierigen
Worte des Qurans (ob einfach oder
kompliziert), und versteht nicht,
was darin an Wissen über göttliche
Anordnungen und Maßnahmen verborgen
ist; und ist unwissend über
Voranschreiten und Verzögern (in
seinen Versen), und unterscheidet
nicht das Klare vom Tiefsinnigen,
das Manifeste vom Esoterischen, noch
vom Beginn und der Beendigung; und
ist unwissend über die Frage und der
Antwort, das Zusammenfügende und das
Trennende, und die Ausnahmen und die
Allumfassenden, und kennt nicht das
Adjektiv eines vorausgehenden
Nomens, das das folgende erklärt;
und ist unwissend über das
hervorgehobene Thema und das
detaillierte, die obligatorischen
Gesetze und die Erlaubnisse, der
Orte der Pflichten und Regeln, und
der Bedeutung vom Rechtmäßigen und
dem Unrechtmäßigen (an denen die
Ungläubigen zugrunde gegangen sind);
und kennt nicht die verbundenen
Worte, und den Worten, die sich auf
die vorausgehenden Worte oder den
folgenden beziehen – dann kennt so
ein Mensch den Quran nicht, noch
gehört er zu den Quranexperten. Und
wenn jemand behauptet, Kenntnis über
diese Variationen zu besitzen, ohne
Beweis, dann ist er ein Lügner, ein
Kleingläubiger, und ein Erfinder von
Lügen gegen Allah und seinen
Gesandten, und sein Ruheplatz wird
die Hölle sein, und was für ein
böser Zielort das ist!’“
In Nahjul Balagha und Al-Ihtijaj
steht, dass Ali (a) in einer Predigt
sagte: „Wenn einer von ihnen mit
einem Problem in Rechtsfragen
konfrontiert wird, urteilt er
darüber entsprechend seiner Meinung.
Dann wird ein anderer von ihnen mit
dem genau gleichen Problem
konfrontiert, und er gibt das
entgegengesetzte Urteil. Dann
bringen diese Richter diese
Angelegenheit vor ihrem Oberhaupt,
der sie eingestellt hat, und dieser
bestätigt all ihre gegensätzlichen
Urteile, obwohl ihr Allah einer ist
und ihr Prophet einer ist und ihr
Buch eins ist. Ist es, weil Allah
ihnen angeordnet hat zu
differenzieren und sie gehorchten
Ihm? Oder Er hat es ihnen untersagt,
und sie waren Ihm gegenüber
ungehorsam? Oder sandte Allah eine
unvollständige Religion und braucht
ihre Hilfe, um sie zu
vervollständigen? Oder sie sind
Seine Partner, also haben sie das
Recht zu sagen, und Er Seine Pflicht
zuzustimmen? Oder sandte Allah eine
vollständige Religion, doch der
Prophet (s) versagte dabei, sie zu
übermitteln und an seine Ummah
(Gemeinschaft) weiterzugeben? Und
Allah, der Gepriesene, sagt: Wir
haben nichts im Buch ausgelassen
(6:38); und dass darin die Klärung
aller Dinge enthalten ist; und Er
sagt, dass ein Teil des Buches den
anderen Teil bestätigt, und dass
darin keine Diskrepanz besteht;
Und wenn es von einem anderen als
Allah wäre, hätten sie darin viel
Diskrepanz gefunden (4:82). Und
wahrlich, das Äußere des Quran ist
elegant und seine esoterische
Bedeutung ist tief. Seine Wunder
können nicht aufgezählt werden noch
nehmen sie jeh ein Ende; und die
Dunkelheit kann nur durch ihn
beseitigt werden.“
Der Autor sagt: Diese
Überlieferung zeigt eindeutig, dass
jede religiöse Meinung und jeder
Gesichtspunkt auf den Quran basieren
muss. Der Satz „darin ist Klärung
für alles“ umschreibt einen
Quranischen Vers, (…und haben das
Buch dir offenbart, erklärend
deutlich alles (16:89))
Ibn Sa'd Ibnu 'd-Durays (in seinen
al-Fada'il) und Ibn Marduwayh
haben von 'Amr ibn Shu'ayb von
seinem Vater von seinem Großvater
überliefert: „Der Gesandte Gottes
(s) erschien vor einer Gruppe, die
gerade Argumente über den Quran
austauschte, und er war sehr wütend
und sagte: ‘So sind die Nationen vor
euch vom rechten Weg abgekommen –
sie diskutierten mit ihren Propheten
und stellten einen Teil des Buches
gegen den anderen.’ Dann sagte er:
‘Und wahrlich, der Quran wurde nicht
offenbart, damit seine Teile sich
gegenseitig widersprechen; eher
wurde er offenbart, so dass sich
seine Teile gegenseitig bestätigen
würden. Deshalb folgt dem, was ihr
wisst (davon) und glaubt an dem, was
euch mehrdeutig erscheint.’“
(ad-Durru 'l-manthur)
Ahmad erzählte darüber über eine
andere Überlieferungskette von 'Amr
ibn Shu'ayb von seinem Vater von
seinem Großvater, dass der Gesandte
Gottes (s) einige Leute miteinander
disputieren hörte. So sagte er: „Auf
diese Weise waren die vor euch
untergegangen; sie stellten einen
Teil des Buch Gottes gegen einen
anderen. Und das Buch Gottes wurde
offenbart und seine Teile bestätigen
sich gegenseitig; deshalb, versucht
nicht einen Teil mit einem anderen
zu widerlegen. Was ihr davon wisst,
daran sollt ihr glauben, und was ihr
nicht wisst, solltet ihr dem
überlassen, der es weiß.“
(ad-Durru'l-manthur)
Der Autor: Wie man sieht,
diese Überlieferungen stellen die
Aussage “einen Teil des Qurans gegen
einen anderen zu stellen” gegenüber
der Aussage “die Teile gegenseitig
zu bestätigen.“ Mit anderen Worten,
dieses „Gegenstellen“ bezieht sich
darauf, die Bedeutungen der Verse,
ihre Zwecke und Ziele durcheinander
zu bringen, z. B. die eindeutigen
Verse mit den mehrdeutigen zu
verwechseln und vice versa. Es
bedeutet, vom Quran nach eigener
Meinung zu sprechen, und die Verse
ohne Wissen zu erklären (beschrieben
in vorher erwähnten
Überlieferungen). Und es bedeutet
auch, manche Teile des Qurans gegen
andere zu stellen (s. oben), bzw.
den Quran mit Mitteln außer dem
Quran zu erklären.
Argument: Kein Zweifel, der
Quran wurde so offenbart, dass die
Menschen ihn erfassen und verstehen
können. Schauen wir uns als Beispiel
diese zwei Verse an:
Wahrlich, wir sandten dir das Buch
für die Menschen mit der Wahrheit
herab…(39:41).
Dies ist eine Bekanntgabe für die
Menschen… (3:138).
Auch besteht daran kein Zweifel,
dass der Prophet die Autorität
hatte, ihn zu interpretieren. Wie
Allah sagt: …und wir sandten dir
den Erinnerer herab, dass du den
Menschen klarmachen kannst, was
ihnen herabgesandt wurde… (16:44).
Und sicherlich interpretierte er ihn
seinen Gefährten, und diese
übermittelten die Interpretation
ihrer Schülern. Was uns
weitergegeben wurde durch die
Gefährten und ihren Schülern ist
zweifellos die Interpretation des
Propheten, und wir können diese
nicht missachten, da der Quran uns
sagt, dem zu folgen, was uns der
Prophet gegeben hat. Was die
Überlieferungen betrifft, die uns
die Gefährten übermittelten, ohne
sie auf den Propheten
zurückzuführen, so gilt für diese,
dass sie nicht die gleiche Stellung
genießen wie die Erläuterungen des
Propheten - dennoch gehen wir
ungezwungen mit diesen
Überlieferungen um (anstatt selbst
danach zu suchen).
Warum?
Weil sie sie entweder vom Propheten
gehört haben, oder sie wurden
dahingeleitet durch ihre Expertise
in Religion – die Expertise, die sie
durch die Anweisungen und
Darstellungen des Propheten erworben
haben. Das Gleiche gilt für ihre
Schüler und die Schüler ihrer
Schüler. Sicherlich, die Bedeutung
des Quran kann nicht verborgen
bleiben von jenen, die tief
verwurzeltes Wissen der Arabischen
Sprache besitzen; sie strebten sehr
danach, die Quraninterpretation vom
Propheten zu lernen; und sie gaben
sich die größte Mühe, das Wissen der
Religion zu erlangen.
All das kann in den biographischen
Details der frühen Gelehrten
nachgeschlagen werden.
In Anbetracht obiger Fakten kommen
wir zur Schlussfolgerung, dass es
schlichtweg eine Innovation wäre,
wenn man von ihrer Methode und
Überlieferung abweicht, aus ihrem
Kreis rausgeht oder Verse entgegen
ihrer Meinungen und Aussagen
interpretiert; man sollte über
nichts kommentieren, worüber sie
keine Meinung abgegeben haben.
Was die Gefährten und ihre direkten
und indirekten Schüler gesagt haben,
ist genug für das Verstehen des
Qurans. Es gibt tausende von
Überlieferungen über die Exegese,
und as-Suyuti hat siebzehn Tausend
Überlieferungen über dieses Thema
gezählt, erzählt vom Propheten,
seinen Gefährten und deren Schüler.
Antwort: Die Antwort kann aus
dem vorher gesagten abgeleitet
werden. Es gibt etliche Verse, die
die Menschen im Allgemeinen, sowohl
die Gläubigen als auch die
Ungläubigen, jene, die zur Zeit der
Offenbarung anwesend waren als auch
die, die später kamen und in Zukunft
kommen werden, dazu einladen, den
Quran zu verstehen und darüber zu
reflektieren und nachzudenken. Dazu
gibt es viele Verse, die wiederholt
folgendes zitieren, wie z.B. Vers
4:82: Denken sie denn nicht über
den Quran nach? Und wenn er von
einem anderen als Allah wäre, hätten
sie darin viel Ungereimtheiten
gefunden. Der Vers zeigt
deutlich, dass das quranische Wissen
durch Nachdenken und Betrachten
erlangt werden kann, und dass durch
diesen Prozess die scheinbare
Diskrepanz zwischen den Versen
gänzlich verschwindet. Sei bedacht,
dass diese Verse eine
Herausforderung für die Ungläubigen
darstellt, und dass sie keinerlei
Unstimmigkeiten im Quran finden
würden, wenn sie darüber
nachdächten.
Und in diesem Zusammenhang, kann man
ihnen nicht anraten, auf die
Gefährten und ihre Schülern
zurückzugreifen, wenn sie ihn
verstehen wollten; nein, sogar der
Rat, sich auf den Propheten zu
berufen, wäre irrelevant: Wenn die
Erläuterungen des Propheten im
Einklang mit der scheinbaren
Bedeutung des Verses stünde, dann
würden die Menschen diese Bedeutung
vom Vers selbst verstehen, durch
Nachdenken und Sinnieren – und es
wäre nicht mehr notwendig, auf den
Propheten zu verweisen. Und wenn
diese Interpretation gegen der
scheinbaren Bedeutung des Qurans
stünde – eine Bedeutung, die ein
durchschnittlicher Mensch nicht von
den Worten her verstehen könnte –
dann wäre die Herausforderung
aussichtslos und das Argument vom
Vers 4:82 hätte keine Geltung.
Natürlich, sofern die Details der
verschiedenen Quranverse betroffen
sind, können diese nicht erkannt
werden ohne die Interpretation des
Propheten, da der Quran selbst sagt:
…und was immer der Prophet euch
gibt, nehmt es, und was immer er
auch verbietet, haltet euch zurück
davon… (59:7).
Auch die Einzelheiten der
quranischen Geschichten und des
Jüngsten Gerichts hängen von seiner
Darstellung ab.
Dies zeigt, dass in diesem
Zusammenhang die Verantwortung des
Propheten einzig darin bestand, zu
lehren. Der Lehrer leitet seinen
Schüler und hilft ihm, etwaige
komplizierte Dinge zu verstehen,
auch ohne seine Hilfe. Das Lehren
macht die Dinge dem Verstand
zugänglich; er erschafft keine
Bedeutung. Der Lehrer bereitet die
Themen so, dass sie leicht
verständlich sind, so dass der
Schüler nicht gezwungen ist, seine
Zeit und Energie für seine
Selbstbildung zu vergeuden – ein
Vorhaben, das in sich das Risiko der
falschen Folgerung trägt. Dieser
Aspekt von der Verantwortung des
Propheten wird in vielen Versen
erwähnt. Zum Beispiel: ...und Wir
sandten dir den Erinnerer herab, so
dass du den Menschen klar machen
kannst, was ihnen herabgesandt
wurde, und womöglich denken sie
darüber nach (16:44) …Und lehre sie
das Buch und die Weisheit…(62:2).
Deshalb lehrte der Prophet die
Menschen, was der Quran selbst sagt
und die Göttliche Rede selbst zeigt,
und welche die Menschen selbst
verstehen können, auch wenn es etwas
Nachsinnen erfordert. Es ist nicht
Aufgabe des Propheten, den Versen
Bedeutungen zu geben, die nicht von
ihren Worten her verstanden werden
können. Solch eine Interpretation
würde nicht mit den folgenden
quranischen Aussagen einhergehen:
Ein Buch, dessen Verse erläutert
wurden, ein arabischer Quran für
Menschen, die wissen (41:3).
...und dies ist klare arabische
Sprache (16:103).
Dann gibt es Überlieferungen, die
die Muslime ermahnen, an den Quran
festzuhalten und mit seiner Hilfe
die Überlieferungen, die dem
Propheten zugeschrieben werden, zu
verifizieren. Daraus folgert man
zwangsläufig, dass alles, was der
Prophet sagte, vom Quran bekannt
sein kann, ansonsten könnte er uns
nicht sagen, wir sollen alle
Überlieferungen, die ihn
zugeschrieben werden, darauf
zurückführen und zu überprüfen.
Wenn wir jetzt sagen, dass das
Verstehen des Qurans von den
Erklärungen des Propheten abhängt,
ware das ein Teufelskreis. Der Quran
kann nur verstanden werden, wenn er
durch die Überlieferungen erklärt
wird, aber die Authentizität der
Überlieferungen kann nur etabliert
werden, wenn man den Quran versteht.
Jetzt kommen wir zu den
Überlieferungen, die von den
Gefährten übermittelt werden. Als
erstes stehen wir dem Problem der
Überlieferungskette gegenüber, weil
nicht alle dieser Gefährten makellos
sind. Zweitens waren sich die
Gefährten oft uneinig, was die
Darstellung des Qurans betrifft.
Drittens wurden in vielen Fällen
unterschiedliche Meinungen einem
Gefährten zugeschrieben, wie jeder
es selbst feststellen kann, wenn er
in Überlieferungs- und Exegesebücher
nachschlägt. Was sollte man tun,
wenn man solchen Diskrepanzen
gegenüber steht? Diese Menschen
sagen uns, wir sollen uns eine von
diesen Meinungen aussuchen und uns
daran halten; dass wir nicht die
„zusammengesetzte Einstimmigkeit“
der Gefährten zerstören sollen, noch
ihren Kreis verlassen. Aber das
Problem ist, dass die Gefährten
selbst nicht abgeneigt waren,
untereinander unstimmig zu sein,
warum sollten wir dann nicht von
ihnen abweichen? Sie selbst haben
nie behauptet, dass ihre Meinung mit
Autorität versehen ist, so dass sie
für andere bindend wäre; noch haben
sie jemals behauptet, dass, obwohl
sie voneinander abweichen, andere
nicht von ihnen abweichen dürfen.
Wenn wir an der Quranexegese der
Gefährten und ihrer Schüler gebunden
wären, würde der Wissensfortschritt
und die akademische Forschung
gehindert werden. Werfen wir einen
Blick auf die Interpretationen
früherer Gelehrten und die Bücher
der Exegese der früheren
Jahrhunderte, stellen wir fest, dass
sie nur einfache Wortbedeutungen
beinhalten ohne tiefe Gedanken und
raffinierte Ideen. Wenn wir bei
diesen Interpretationen anhalten, wo
können wir das breite und tiefe
Wissen, das in den Versen genannt
wird, finden: …und Wir haben das
Buch dir offenbart, alles deutlich
erklärend… (16:89).
Dann wird gesagt, es sei undenkbar,
dass die Gefährten die Bedeutung des
Quran nicht wüssten, trotz ihres
ungeheuren Interesses an der
Religion und ihren Verstands und
ernsten Bemühungen auf diesem Wege.
Dieses Argument wird jedoch durch
die Diskrepanz in ihren Auslegungen
widerlegt. Diskrepanz und
Unterschiede können nur dann
entstehen, wenn bestimmte Wahrheiten
für sie verborgen waren und nur
dann, wenn sie verwirrt waren.
Die Wahrheit ist, dass die
Schnellstraße zum Verständnis des
Quran weit offen ist, und die
göttliche Rede selbst lädt zum
eigenen Verständis ein und macht
sich für diesen Zweck nicht von
einem anderen Wegweiser abhängig. Es
ist ein Buch, das von Gott als
Leitfaden eingeführt wurde, als
Licht und die deutliche Erklärung
von Allem. Man braucht keinen
anderen Wegweiser, noch die
Erleuchtung von einem anderen Licht
oder einen äußerlichen Faktor, von
dem die Erklärung abhängig wäre.
Argument: Die richtigen
Überlieferungen enthalten über die
letzte Predigt des Propheten: „Wahrlich, ich hinterlasse für euch
zwei gewichtige Dinge: Das Größere
und das Kleinere. Das Größere ist
das Buch Allahs, und das Kleinere
sind meine Nachkommen, meine
Ahlul-Bait (die engsten Angehörigen
des Hauses des Propheten). So
gedenkt meiner in diesen zwei
Dingen, denn ihr sollt nie auf
Irrwege geraten, solange ihr euch
nach diesen zwei richtet.“ Diese
Überlieferung wurde von beiden
Seiten, Schiiten und Sunniten, von
einer großen Anzahl von Gefährten
des Propheten (s) berichtet. Es wurde durch so viele Überliefererketten
weitergegeben, dass ihre
Authentizität nicht infrage gestellt
werden kann. Die Überlieferer-Kenner
haben gezählt, dass sie von
fünfunddreißig Gefährten berichtet
wurde.
Manche Überlieferungen beinhalten
den Satz: „Sie sollen nicht
voneinander getrennt werden, bis sie
wieder zu mir kommen, zu meinem
Reservoir (Kauthar).“ Diese
Überlieferung beweist, dass die
Worte der Ahlul-Bait (a) über den
Quran für uns eine bindende
Autorität haben und dass wir uns
nach ihren Aussagen bezüglich der
Quranexegese richten sollen.
Ansonsten trägt man die Schuld, den
Quran von den Ahlul-Bait (a) zu
trennen.
Antwort: Was zuvor über die
Interpretation des Propheten gesagt
wurde, gilt hier auch. Die in der
Frage zitierte Überlieferung
bezweckt nicht, die scheinbare
Bedeutung des Quran zu negieren,
noch besagt sie, dass die
Interpretation der Ahlul-Bait (a)
die einzige Richtlinie ist. Der
Prophet benutzte die Worte „sie
sollen nicht von einander getrennt
werden.“ Das bedeutet, dass beide,
sowohl der Quran als auch die
Ahlul-Bait (a) Autorität innehaben;
der Quran erklärt seine Bedeutungen
und manifestiert die göttlichen
Wahrheiten und die Ahlul-Bait (a)
führen zum wahren Weg und leiten die
Menschen zu den Quranischen
Absichten und Zielen.
Darüber hinaus haben die Ahlul-Bait
genauso wie der Prophet die Menschen
auch angewiesen, sich nach dem Quran
zu richten, darüber nachzudenken und
mit seiner Hilfe die Echtheit der
auf sie zurückgeführten
Überlieferungen zu prüfen.
Des Weiteren hat eine beträchtliche
Anzahl von erklärenden
Überlieferungen der Ahlul-Bait (a)
die Methode angewendet, einen Vers
mithilfe eines anderen zu
interpretieren. Diese Methode ist
nur sinnvoll, wenn die Quranischen
Verse für den normalen Menschen
verständlich sind – und
vorausgesetzt die richtige Richtung
wird eingeschlagen.
Neben diesen rationalen Argumenten
erwähnen manche Überlieferungen der
Ahlul-Bait (a) explizit diese
Tatsache. Al-Barqi hat über seine
Überliefererkette von Abu Labid
erzählt, dass Abu Ja’far (a) in
einer Überlieferung sagte: „Wer
dachte, dass das Buch Gottes ungenau
wäre, fiel in Verdammnis und
zerstörte andere.“ Eine andere
Überlieferung wurde im gleichen Buch
erwähnt und auch im
al-Ihtijaj,
dass Abu Ja’far (a) sagte: „Wenn ich
euch irgendwas berichte, dann
solltet ihr mich fragen, wo es im
Buch Gottes steht…“
Aus dem vorher Erwähnten wird klar,
dass es keinen Konflikt gibt
zwischen den Überlieferungen, die
besagen, dass das quranische Wissen
nicht unverständlich ist, und dass
es mithilfe der quranischen Verse
selbst verstanden werden kann, und
denen, die scheinbar gegensprechen.
Zum Beispiel wird im
at-Tafsir
von al-‘Ayyashi von Jabir überliefert: „Abu Abdillah (a) sagte:
‘Wahrlich, der Quran hat ein
Inneres, und für sein Inneres gibt
es ein Äußeres.’ Dann sagte er: ‚Oh
Jabir, und es gibt nichts, was dem
Verständnis des Menschen ferner
liegt als er (d.h. der Quran).
Wahrlich, der Anfang eines Verses
handelt von einem Thema, der
mittlere Teil von einem anderen und
sein Ende wieder von etwas anderem;
und dennoch ist es eine kohärente
Rede, die auf unterschiedliche Weise
rotiert.’“ Dieses Thema wird auch in
vielen anderen Überlieferungen
aufgenommen. In einigen von ihnen
wurde der Satz „und es gibt nichts,
was dem Verständnis des Menschen
ferner liegt…“ dem Propheten
zugeschrieben. Auch über Imam Ali
(a) wurde überliefert: „Wahrlich,
der Quran kann auf viele Weisen
interpretiert werden; er hat viele
Gesichter.“
Es ist klar, dass das, was erlaubt,
verneint, empfohlen wurde, den Quran
auf eine Weise und was verboten
wurde auf eine andere Weise erklärt.
Der beschriebene Weg ist die Exegese
des Quran mithilfe des Quran selbst,
einen Vers mit einem anderen Vers
auslegen. Nur jemand, der in den
Überlieferungen des Propheten und
seiner Ahlul-Bait (a) versiert ist,
kann dies tun, denn nur so jemand
besitzt den richtigen Blickwinkel
und ein kritisches Urteilsvermögen.
Nur wenn man diese Fähigkeiten
erreicht hat, kann man den Quran mit
Zuversicht auslegen. Und möge Allah
alle auf den richtigen Weg leiten.
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