Gehören die zwei Zuflucht nehmenden Suren zum Quran?
1.
Einleitende Worte:
Im Laufe der
Geschichte gab es immer wieder
Versuche, dem Heiligen Quran seine
Position und Stellung unter den
Muslimen als fehlerfreies,
göttliches Buch zu nehmen. Es wurde
versucht zu behaupten, der Quran sei
von Menschenhand geschrieben und
habe rein gar nichts mit einer
göttlichen Offenbarung zu tun. Und
es wurde versucht zu behaupten, der
Heilige Quran sei verfälscht worden
und es würden Dinge entweder
hinzu gereimt oder herausgelassen
worden sein und vieles mehr. All das
wurde nur aus dem Grund getan, um
die Muslime zu beeinflussen,
Unsicherheit in ihnen zu wecken und
viele Fragezeichen in ihnen zu
schaffen.
Eine der
Angelegenheiten, die mit solchen
Vorwürfen zusammenhängt, betrifft
die zwei Zuflucht nehmenden Suren
(die Suren al-Falaq und al-Naas),
über die behauptet wurde, sie würden
angeblich nicht zum Heiligen Quran
gehören.
Um diese
Behauptung zu widerlegen, müssen wir
wissen, dass nach dem Tode des
heiligen Propheten (s.) viele
Gefährten versucht haben den
heiligen Quran - der zwar schon
niedergeschrieben, aber noch nicht
zusammengestellt war - zu einem Buch
zu vereinen. Hierbei entstanden
mehrere Versionen, die zwar
inhaltlich gleich waren, da der
heilige Quran schon dermaßen
verbreitet war, dass es nicht
möglich war, ihn auf irgendeine Art
und Weise zu verfälschen, allerdings
entstanden Unterschiede in der
Anordnung und Reihenfolge der Suren,
die später alle beseitigt wurden.
2. Ibn
Mas’ud leugnet, dass die Suren zum
Quran gehören:
Einer der
Gefährten, der den Heiligen Quran
zusammenstellte, war Ibn Mas’ud.
Über ihn wurde gesagt, dass er der
Ansicht war, dass die zwei Zuflucht
nehmenden Suren nicht zum Quran
gehören würden. Dabei war seine
Begründung, dass diese zwei Suren
zur Zufluchtnahme offenbart wurden,
als eine Art Bittgebet, um Zauberei
und ähnliches abzuwehren, so wie es
bzgl. des Offenbarungsgrundes der
Sure al-Falaq heißt und sie nicht
zum Quran gehören würden.
Dies bezüglich
heißt es in einer Überlieferung von
Ibn Mas’ud, dass er die zwei Suren
verlas und daraufhin sagte:
„Vermischt den Quran nicht mit dem,
was nicht zu ihm gehört. Diese
(zwei) gehören nicht zum Buch
Allahs. Dem Propheten (s.) wurde
befohlen durch diese (zwei) Zuflucht
zu nehmen.“ Und dementsprechend hat
Ibn Mas’ud diese zwei Suren nie im
Gebet rezitiert.
Diese
Überlieferung wurde von manchen zum
Anlass genommen, um zu beweisen,
dass es zwei Suren gibt, die
angeblich nicht zum Heiligen Quran
gehören würden.
3.
Unterschiedliche Meinungen über Ibn
Mas’ud’s Worte:
Allerdings
herrscht bzgl. dieser Aussage, die
ihm zugeschrieben wird, an sich
schon eine gewisse Uneinigkeit unter
den muslimischen Gelehrten. Es gab
z.B. einige, die behaupteten, dass
solch eine Aussage überhaupt nicht
von Ibn Mas’ud stamme, wie z.B. al-Razi
und Ibn Hazim.
So sagte Ibn
Hazim: „Alles was über Ibn Mas’ud
überliefert wurde, in dem es heißt,
dass die zwei Zuflucht nehmenden
Suren und die Mutter des Quran
(al-Fatiha) nicht in seiner Sammlung
vorhanden seien, ist eine Lüge…“
Und es wurde
auch gesagt, dass diese Aussage zwar
von ihm stamme, aber anders
verstanden werden muss. So sagte
z.B. al-Balaqani: „Ibn Mas’ud
leugnete nicht, dass diese (zwei)
Suren zum Quran gehören, sondern er
leugnete, dass sie zum Mushaf (Buch)
gehören. Er war der Meinung, nichts
in den Mushaf (Buch) schreiben zu
dürfen, ohne, dass der Prophet (s.)
erlaubt hat, dies reinzuschreiben.
Und es scheint, als hätte er keine
Erlaubnis dafür bekommen.“
Darauf
erwiderte aber Ibn Hijr: „Dies ist
eine gute Interpretation, außer
dass die richtige, eindeutige
Überlieferung dem entgegnet, da es
dort heißt, dass er (ibn Mas’ud)
sagte: „Sie gehören nicht zum Buche
Allahs“. Doch man könnte die Worte
„Buch Allahs“ auch auf den Mushaf
(das Buch) (und nicht auf den Quran)
beziehen, dann würde dies mit der
genannten Interpretation
zusammenpassen.“
Allerdings
könnte man wiederrum
darauf erwidern, dass selbst diese Antwort
von Ibn Hijr nicht ganz mit den
Worten von Ibn Mas’ud „Vermischt
den Quran nicht mit dem, was nicht
zu ihm gehört“ zusammenpasst, denn
hier spricht er nicht vom
zusammengestellten Buch, sondern vom
Quran an sich.
4. Die
Widerlegung seiner Worte
Wie auch immer
sollten wir davon ausgehen, dass
diese Worte wirklich von Ibn Mas’ud
stammen und so zu verstehen sind,
wie sie auf dem ersten Blick
scheinen, so können wir sehr einfach
darauf antworten, in dem wir
aufzeigen, dass es sehr viele
Überlieferungen über den Gesandten
Allahs (s.) gibt, in denen er diese
zwei Suren als einen Teil des Quran
ansieht und den Lohn für die
Rezitation dieser Suren anspricht.
So heißt es
über ‘Uqba bin ‘Amer, über den
Gesandten Gottes (s.), dass er ihm
sagte: „Oh ‘Uqba, soll ich dich zwei
Suren lehren, welche die besten im Quran sind?“ Ich sagte: „Ja, oh
Gesandter Gottes.“ So lehrte er mir
die zwei Zuflucht nehmenden (Suren).
Daraufhin verlas er sie im
Morgengebet und sagte mir: „Verlies
sie jedes Mal, wenn du aufwachst und
schlafen gehst.“
Und über ‘Uqba bin ‘Amer, über den
Gesandten Gottes (s.), dass er
sagte: „Mir wurden Verse
herab gesandt, deren gleichen mir
keine herab gesandt wurden: (Und
zwar) die zwei Zuflucht nehmenden
(Suren).“
Auch dass der
Gesandte Gottes (s.) diese zwei
Suren im Gebet rezitierte, ist in
den Überlieferungen verankert, so
wie es Allamah Tabataba’i in seinem
Werk „Al-Mizaan“ erwähnt.
Und das ist einer der besten Beweise
dafür, dass diese zwei Suren zum
Quran gehören und ein Teil davon
sind.
Zusätzlich zu
dem erwähnten, heißt es in einer
Überlieferung von Abu Bakr al-Hadramiy,
dass er sagte: „Ich sagte zu Abu
Jaafar (a.): „Ibn Mas’ud hat die
zwei Zuflucht nehmenden Suren aus
dem Mushaf (Buch) gestrichen.“ So
antwortete der Imam (a.): „Mein
Vater sagte: Dies hat Ibn Mas’ud
gemäß seiner eigenen Meinung
gemacht, (allerdings) gehören sie
zum Quran.““
Es gibt sehr
viele solcher Überlieferungen, die
bestätigen, dass diese zwei Suren
zum Quran gehören und dass eine
absolute Übereinstimmung darüber
herrscht, sowohl auf shiitischer,
als auch auf sunnitischer Seite. Und
der beste Beweis dafür ist, dass
heute sowohl Shiiten als auch
Sunniten ein und denselben Quran
haben, in dem genau dieselben Suren
vorhanden sind, und auch die Sure
al-Falaq und al-Naas darin
aufgenommen wurden.
Zu guter Letzt
sei noch gesagt, dass es einige gab,
die behaupteten, dass wenn der Quran
tatsächlich ein Wunder in seiner
Eloquenz und Sprache wäre, es
dann keine Unstimmigkeit darüber
geben dürfte, ob eine gewisse Sure
zum Quran gehört oder nicht, so wie
es bei Ibn Mas’ud der Fall war.
Die Antwort
darauf lautet, dass es vollkommen
ausreicht, dass eine absolute
Übereinstimmung darüber herrscht,
dass diese zwei Suren zum Quran
gehören und dass es keine
Überlieferungen gibt, die davon
sprechen, dass diese zwei Suren
nicht auf den Propheten (s.) herab gesandt wurden oder sie in
ihrer Eloquenz und Sprache nicht
wundersam wären.
Abgesehen
davon hat Ibn Mas’ud überhaupt
nicht behauptet, dass diese Suren
nicht offenbart wurden oder nicht
göttlich seien. Darüber besteht, wie
schon gesagt. eine absolute
Übereinstimmung unter allen
Muslimen. Er behauptete nur, dass
sie nicht speziell zum Quran gehören
würden, aber selbst das hat
überhaupt keinen Einfluss mehr nach
der vorhandenen, absoluten
Übereinstimmung.
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